Ich schaue aus dem Fenster und freue mich, dass es regnet. Seit einigen Wochen schien die Sonne und wärend es anderenorts Unwettermeldungen gibt, blieb es bei uns trocken. Doch heute fällt endlich das kostbare Gut vom Himmel, dass für uns alle so wichtig und in unserem Land so selbstverständlich ist.
Ich erinnere mich an eine kleine Unterhaltung mit meinem vierjährigen Sohn. Ich half ihm dabei, seine Schuhe anzuziehen und er fragte mich, ob er auch eine Jacke bräuchte. Ich: "Nein, heute ist schönes Wetter." Vor Freude strahlten seine Augen: "Was? Es regnet?"
Das war eine Überraschung für mich, habe ich doch einfach behauptet, dass sonniges Wetter schön ist und damit ein Urteil gefällt.
"Richte nicht, auf das du nicht gerichtet wirst!", steht in der Bibel.
Ich hatte immer gedacht, dass sich das nur auf andere Personen bezieht, doch ich habe inzwischen dazu gelernt.
Wir richten und urteilen sehr viel häufiger:
- Das Wetter ist schlecht oder schön.
- Der Tod ist schrecklich.
- Wut ist schlecht.
- Trauer ist nur etwas für Weicheier.
- und so weiter
Dabei beherbergt das Urteilen ein Problem: Es kann uns herunterziehen und unser Handeln so beeinflussen, dass wir oder andere Schaden davontragen.
Wenn wir es schaffen, urteilsfrei durch das Leben zu gehen (Ich weiß, das ist schwer), dann treffen wir unsere Entscheidungen mit klaren Gedanken.
Ein Beispiel:
Dein Partner ist fremd gegangen und das macht Dich unheimlich wütend. Du trennst Dich, obwohl Du ihn noch liebst und vielleicht rächst Du Dich auch an ihm.
Warum?
Weil Du Fremdgehen als schlecht verurteilst. Dabei gibt es auch Beziehungen in denen es normal ist, dass beide Partner auch andere körperliche Beziehungen haben. Sie finden es nicht schlimm, wenn der Partner mit einer anderen ins Bett geht.
Doch Dein Urteil löst bei Dir Wut aus und Wut lässt Dich nicht klar denken. Wut ist im übrigen auch in Ordnung, so lange Du sie zu etwas nützlichem umlenken kannst.
Bist Du urteilsfrei kannst Du entweder mit dem Fremdgehen Deines Partners leben. Oder Du suchst im Ruhigen das Gespräch mit ihm. Versuchst herauszufinden, warum er das getan hat. Vielleicht könnt Ihr einen gemeinsamen Weg finden, das ursprüngliche Problem zu lösen.
Ich wünschte ich könnte Euch ein einfaches Rezept dafür geben, doch es ist ein langer Weg:
- Als erstes solltet Ihr auf Euch und Eure Gedanken achten. Reflektiert immer wieder, was Ihr denkt.
- Stellt Ihr fest, dass Ihr geurteilt habt, macht Euch bewusst, dass alles im Leben so richtig ist, wie es ist. Alles hat eine Ursache, eine Wirkung und Folgen. Die aktuelle Wirkung mag sich gerade negativ anfühlen, doch sie können für Eure Zukunft etwas Positives bringen, das Ihr jetzt noch nicht beurteilen könnt.
- Korrigiert Euren Gedanken oder auch das, was Ihr bereits ausgesprochen habt, indem Ihr am Besten laut aussprecht, das diese Situation oder das Erleben in Ordnung ist und für Euren Lebensweg wichtig sein kann.
- Seid geduldig mit Euch. Es kann Wochen, Monate oder Jahre dauern, bis Ihr darin gut seid. Ihr müsst Euer Gehirn erst an diesen Gedanken gewöhnen.
Ich selbst übe mich immer wieder darin, meine Gedanken zu reflektieren und verurteilendes Denken zu korrigieren. Immer wieder schlüpft doch solch ein Gedanke in mir hoch. Manchmal ärgere ich mich über meine Kinder, über meinen Mann oder über mich. Ein Urteil ist schnell gesagt und der andere schnell verletzt, ohne dass ich das wollte. Mir geht es sehr viel besser, seit dem ich auf meine Gedanken achte und ich bin oft gelassener als früher.
Probiert es doch auch einmal aus und schreibt unten von Euren Erfolgen. Ich bin so gespannt auf Euch.
Liebe Grüße Eure
Andrea